Ja, da bin ich einem Irrtum aufgesessen. Nicht alles, was italienisch klingt, ist es auch. Fabio Paretta ist das Synonym eines deutschen Autors, der mit seiner italienischen Frau und zwei Kindern in Rom lebt.
Aber wenn im Titel das Wort Neapel vorkommt, ist es um mich geschehen, habe ich doch selbst dort einige Jahre gelebt. „Trügerisches Neapel“ ist schon der zweite Fall für Commissario Franco De Santis. In „Die Kraft des Bösen“ tritt er zum ersten Mal auf. Er lebt von seiner Frau Isabella und der gemeinsamen Tochter Ludovica getrennt. Letztere ist fast 15, wie sie immer wieder betont. De Santis macht sich große Sorgen um sein Töchterchen, das in seinen Augen viel zu viel Freiheiten hat und sich mit Leuten abgibt, die er nicht einschätzen kann. Seine Frau Isabella hat sich mit dem reichen Arzt und Lebemann Baldini eingelassen, den seine Tochter schon Pa nennt. De Santis selbst hat ein Auge auf die Staatsanwältin Elvira Barbarossa geworfen, die aber eine sehr schwer zu beeindruckende Frau ist.
Das alles geht De Santis gehörig gegen den Strich. Jetzt ist wieder einmal ein Wochenende, an dem Ludovica wie vereinbart bei ihm ist, doch ein neuer Fall hält ihn und seine Crew in Atem.
Der 16jährige Salvatore aus dem Viertel Ponticelli wird erschossen aufgefunden. Er liegt in der schicken Herrenboutique „Gentlemen“ in der Via Carlo Poeri, einer sehr guten Adresse an der Riviera di Chiaia. Salvatore hatte dort einen Job und träumte davon, nach dem Abitur auf eine Universität in den USA zu gehen.
De Santis und seine Mitarbeiter verlieren sich bei der Aufklärung der Umstände in immer mehr Seitenwege, finden Zusammenhänge mit anderen Todesfällen und kommen natürlich auch mit der Camorra in Berührung. Dabei treten sie auch noch den Kollegen von der DIA (Direzione Investigativa Antimafia), der Spezialeinheit gegen das organisierte Verbrechen, auf die Füße.
Fabio Paretta lässt uns zusammen mit De Santis in seinem alten Alfa Romeo kreuz und quer durch die Stadt rasen. Dabei lernen wir ganz nebenbei die einzelnen, sehr unterschiedlichen Stadtviertel mit ihren Problemen und Eigenheiten kennen. Besonders die Jugendlichen stehen dabei im Mittelpunkt.
Aber nicht nur die Menschen haben in Neapel besondere Charakterzüge, sondern auch die einzelnen Stadtviertel, die jedes für sich ein eigenes Dorf bilden. Selten habe ich das in einer anderen Stadt so erlebt. Es hat mir Spaß gemacht, während des Lesens in alten Erinnerungen an das wilde und liebenswerte Neapel zu schwelgen.
Paretta gibt jeder Figur eine eigene Geschichte, das macht alle Personen plastisch und verstehbar. Er spielt mit den charakterlichen Gegensätzen seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, wobei der Witz nicht zu kurz kommt. Auch die Sorgen und Lebensumstände der kleinen Leute im Viertel Ponticelli werden gut porträtiert. Auf der anderen Seite stehen die Reichen, hier exemplarisch Stefano Baldini, der mit „etwa vierzig Vertretern der neapolitanischen Hautevolee“ den Geburtstag von Ludovica auf seinem Landgut auf Ischia feiert.
Wir haben hier einen rasant erzählten Krimi, der an keiner Stelle langweilt und noch am Ende mit Überraschungen aufwartet. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten und wünsche der so sympathischen wie verschrobenen Crew von De Santis noch viele neue Fälle. Wenn ich das Buch mit irgendetwas vergleichen sollte, fallen mir die Bücher von Donna Leon ein, was absolut als Kompliment gemeint ist.
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