Buchmesse,  Veranstaltung

#fbm16 – mein Buchmesse-Rundgang

Planung

In diesem Jahr habe ich mir endlich einmal drei ganze Tage für die Buchmesse gegönnt. In den letzten Jahren war ich so unzufrieden, nur einen Tag, den Donnerstag, von 10 bis 16 Uhr zu haben, dass ich es diesmal anders machen wollte.

Ein Tag schlaucht und am Ende tun die Füße weh, wollte ich das wirklich dreimal hintereinander? Nein, wie erhofft, war der Druck raus, so viel wie möglich mitzunehmen, die Hetze über das weitläufige Areal der Messehallen entfiel, kurzum, ich habe es nur genossen.

Übernachtet habe ich in meinem kleinen VW-Bulli auf dem Wohnmobil-Campingplatz City-Camp Frankfurt, der mit der S6 in zwei Stationen mit der Messe verbunden ist.

Rundgang

Die S-Bahn hält direkt „in“ der Messe. Mit Rolltreppe oder Fahrstuhl gelangt man ins Torhaus, wo Garderoben und Toiletten sind. Dank Philips Tipps für die Buchmesse und aufgrund eigener Überlegungen hat sich folgende Routine eingestellt: noch vor der Einlasskontrolle habe ich mich auf der Toilette aus meinen Herbstklamotten geschält – festes Schuhwerk, dicke Socken und Wintermantel aus, bequeme Sommerschuhe und hübsches Jäckchen an. An der Garderobe habe ich dann alles abgegeben, Mantel und Tasche kosten 4 € für den ganzen Tag. Auf diese Weise erleichtert, konnte ich beschwingt in die gemütliche (manchmal tropisch warme) Atmosphäre der vielen Hallen eintauchen.

Ich empfehle, gleich am Anfang, noch vor den langen Förderbändern, die zu den beliebten Hallen 3 und 4 führen, links in die Halle 6 einzutauchen. Der Weg ist genauso lang, aber es gibt schon viel zu entdecken bei den internationalen Verlagen. Selbst wenn man dort nicht wirklich etwas mitnehmen kann für den Alltag, so kann man dort doch erstaunliche Standdekorationen und phantastische Buchcoverkunst entdecken. Besonders gefallen hat mir dieses Jahr der große Stand von Hachette, der einen riesigen Stand aus Metall und Buchcover in der Größe von Filmplakaten gestaltet hat.

Und dann bin ich doch noch ins Gespräch gekommen. Joe Boschetti, ein netter Mann aus Australien, der für einen Verlag mit großformatigen Bildbänden zu Architekturthemen am Stand von images publishing stand und viel gute Laune hatte – und vor allem Lust, mir sein Angebot zu zeigen und einen netten Plausch zu halten. See you in Melbourne some day!

Im Übergang von Halle 6 zu Halle 5 findet man das „Blaue Sofa“, wo auch schon morgens interessante Gespräche stattfinden. Ich habe diesmal nur kurz Katja Lange-Müller zugehört.  (Meine Gedanken nach der Lektüre von „Drehtür“)

Weiter geht es durch die Halle 5, wo man wieder einen Blick auf die bunte Welt der internationalen Verlage werfen kann.

Dann kommt man in den Bereich F für Forum, wo es dieses Jahr besonders spannend ist. Hier findet man unten die große Fläche, die vom ARD bespielt wird. Auch hier gibt es eine Bühne für Autoren und ihre Interviewer. Im ganzen großen Raum wird die gerade laufende Unterhaltung auf Bildschirmen übertragen. Man kann sich also im ganzen Raum aufhalten, sich einen Kaffee oder einen Snack an der Bar kaufen, sich einen ruhigen Sitzplatz suchen und trotzdem immer dem Gespräch folgen. Außerdem gibt es hier Toiletten, wo man nicht anstehen muss, wie an den Übergängen zu den beliebten Hallen 3 und 4.

Im oberen Stock des Forums ist auch dieses Jahr der so genannte Pavillon des Ehrengasts der Buchmesse. Diesmal teilen sich die Flandern – die belgischen und die niederländischen – den Status des Ehrengastes. Und so haben sie sich das wunderbare Motto „Dies ist, was wir teilen“ gegeben. Unter dem ziemlich sperrigen Hashtag #thisiswhatweshare kann man auf Twitter nachvollziehen, was das für eine Vielfalt ist. Die Stimmung dort ist phantastisch: gedämpftes Licht, am „Horizont“ das Meer, der Raum ansonsten mit halbdurchsichtigen Kunststoffmaterial in verschiedene Bereichen abgetrennt. Auf einer relativ großen Fläche vor der „Küstenlinie“ gibt es einige Sitzmöbel. Wenn man sich dort niederlässt, kann es passieren, dass sich jemand dazu setzt und Gedichte flüstert. Eine tolle, sympathische Idee.

Im gleichen Raum, abgeteilt durch die Kunststoffwände, liegt das „Theater“, eine weitere Bühne für tolle Gespräche. Hier trifft man die Autoren aus den Niederlanden und Belgien, bekannte und weniger bekannte. Ich konnte Geert Mak mit seiner romanhaften Biographie der 12 Generationen der Amsterdamer Familie Six kennenlernen. Außerdem Cees Nooteboom, den ich schon seit Jugendtagen lese und liebe. Hier könnte man eigentlich sitzenbleiben und den ganzen Tag schönen interessanten Gesprächen folgen.

In einer anderen Ecke des Raumes sitzen Illustratoren, Autoren und andere Leute, die man braucht, um eine Zeitung zu machen, zusammen an einem Schreibtisch. Sie arbeiten unermüdlich zusammen, man kann es auf einem großen Bildschirm sehen, der den großen Tisch von oben im Blick hat. Sie bringen täglich mehrere Ausgaben der „Parade“ heraus. Wenn man Glück hat, ist man gerade da, wenn ein neues Exemplar fertig ist. Ich habe die Parade Nr.5 ergattert. –>#Parade auf Twitter

Und nun ist es Zeit, sich ins große Getümmel der Hallen 3 und 4 zu stürzen. Dort tobt das Leben, alle großen und kleine Verlage, die Zeitungen sind dort. Viele Lesebühnen bieten fortwährend interessante Podiumsdiskussionen zu ziemlich allen Themen der Buchbranche. Hier knubbelt es sich dann auch.

Außerdem gibt es Flächen für die Kunst, dieses Jahr hieß es ARTS+, und Ausstellungen zu besonders schönen Büchern, genannt „The Beauty and the Book Award“. Außerdem wird gekocht und gebacken in der Gourmet Gallery und auch sonst gibt es zu jedem erdenklichen Thema Bücher und andere Medien. Natürlich gibt es auch einen Hörbuchbereich.

Mich interessierte auch das Thema Digitalisierung und die Möglichkeiten, die für die Leseförderung für Kinder damit einhergehen. Ja das tun sie meiner Meinung nach. Wir dürfen uns nicht davor verschließen, dass Kinder nun mal fasziniert sind von den neuen digitalen Möglichkeiten und damit selbstverständlich umgehen. Als Leiterin einer öffentlichen Bücherei darf ich gerade hier den Zug der Zeit nicht verschlafen und muss mich um die neuen Formen der Literatur kümmern. Dazu passte mein Kontakt zu Wonderkind und den Machern der wunderschönen App Fiete von Ahoiii. Bei beiden handelt es sich schön gemachte Apps für Kinder, die Spaß machen und Qualität haben.

Gut aufgehoben war ich auch auf den „100 Quadratmetern des Orbanism Space als offizieller Digitaltreffpunkt, kuratiert von Leander Wattig und Christiane Frohmann“. Hier gab es immer wieder spannende Diskussionen oder Aktionen für Menschen, wie mich, die an allem was unsere digitale Zukunft betrifft, interessiert sind.

Manchmal habe ich auch einfach nur irgendwo gesessen und einen Kaffee genossen. Alleine war ich dabei allerdings nie. Immer gab es nette Gesprächspartner.

Begegnungen

Und ich habe so einige interessante Persönlichkeiten getroffen. Bei den „Großen“ möchte ich Wolf Biermann, Geert Mak, Cees Nooteboom, Katja Lange-Müller, Leon De Winter und Connie Palmen nennen. Mit Frau Palmen konnte ich sogar eine viertel Stunde ganz persönlich am Stand von Diogenes plaudern, der ihr Buch „Du sagst es“ herausgebracht hat. Cees Nooteboom habe ich dreimal gehört, zweimal in einem Viertelstunden-Interview auf der Messe und dann noch einen ganzen Abend im Literaturhaus Frankfurt. Schließlich wollte ich auch einmal etwas von der Stadt sehen. Er hat sowohl aus „533 Tage“ als auch aus „Tumbas. Gräber von Dichtern und Denkern“ gelesen. (Er ist für mich ein ganz besonderer Autor, der mich schon mein ganzes bewusstes Leseleben begleitet.)

Katja Lange-Müller hat mich auch sehr beeindruckt, der ich erst jetzt nach ihren persönlichen Einlassungen das Buch „Drehtür“ wirklich abnehme. Ich muss es wohl noch einmal mit neuen Augen lesen.

Das neue Buch von Geert Mak, „Die vielen Leben des Jan Six“ über eine Amsterdamer Kaufmannsdynastie steht ganz oben auf meiner Liste der noch zu lesenden Bücher.(siehe dort).

Leon de Winter habe ich schon auf so vielen Lesungen erlebt, dass ich jetzt auch nicht daran vorbeigehen konnte, als er auf der ARD-Bühne über sein Buch „Geronimo“ gesprochen hat. Auch das muss auf die Liste (seufz). Wolf Biermann hatte seinen großen Auftritt im wunderschönen Lesezelt, das mitten auf der großen Freifläche, der sogenannten Agora, steht.

Die Buchmesse war aber auch sehr wichtig, um neue Gesichter zu treffen. Darunter muss ich die beiden jungen Autorinnen Paula Fürstenberg und Lena Pollatschek unbedingt hervorheben, die beide mit Ihren Erstlingswerken eine tolle Figur machen.

Und dann gab es noch die vielen Begegnungen mit wunderbaren Menschen, die einfach nur mal eine halbe Stunde einen Plausch beim Kaffee mit mir teilten, oder mit denen ich sonst so ins Gespräch kam. Natürlich nicht zu vergessen, die anderen Blogger, die so wie ich, mit offenen Ohren und Augen über die Messe schlendern, immer auf der Suche nach spannenden Erlebnissen, Büchern und Begegnungen.

Einige Interviews auf dem „blauen Sofa“  vom 21.10.2016

und noch mehr Interviews  vom 22.10.2016

Kurioses

Ja – und dann gab es noch die witzigen Sachen. Hendrick’s Gin hatten ihren Stand als ein uraltes Wohnzimmer gestaltet, in dem ein selbst ernannter Doktor mich in seine Gehirndetektormaschine einspannte, um meinen Gemütszustand zu testen. Er verschrieb mir natürlich nach der unheimlichen Prozedur einen Gin&Tonic, da ich angeblich gehetzt sei.

(Foto von Frauke Tissler)

Der ultimative Spaß kam aber wieder aus Flandern. Der Comickünstler Nix, im Heimatland Belgien und in Frankreich mit seinen Comicstrips Kinky & Cosy bekannt, hat inmitten der Agora einen pinkfarbenen Container aufgebaut. Hier war ich auf Einladung von #flandern16 zusammen mit anderen Bloggern. Wir wurden vom Künstler Nix persönlich begrüßt, um dann in kleinen Grüppchen in den Container gesperrt zu werden. Dort wurde unser Gehirn geleert (in einer Waschmaschinentrommel), dann bekamen wir ein neues Betriebssystem eingepflanzt, welches wir so trainieren mussten, dass wir das böse Benehmen von Kinky und Cosy übernehmen konnten. Zum Schluss waren wir Teil der Familie der beiden chaotischen Schwestern und saßen eine Weile bei ihnen auf der Couch. HAHA – was für ein Spaß – Danke Flandern16 und NIX.

neugierig, wissbegierig, biblioman, non binary

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