Selten so einen spannenden Krimi gelesen! Wieder so ein Buch, das man in einem Zug durchliest. Auch hier kann ich mir eine Verfilmung gut vorstellen und wünschen.
Der Autor Martin Krist, ein Pseudonym für Marcel Feige, versteht es, Spannung aufzubauen. Schon die einem Prolog ähnelnde erste Szene löst Beklemmung aus. Hier wird ein Mensch grausam gequält – oder ist es nur ein böser Traum des neunjährigen Max, den wir im nächsten Kapitel kennenlernen? Zusammen mit seiner vierjährigen Schwester Elli wird er früh am Morgen von seiner Mutter in einer Kammer hinter der Küche versteckt. Er soll auf Elli aufpassen und zu Opa gehen. Hat er das richtig verstanden?
Auch Zoe, oder heißt sie vielleicht ganz anders, hat Schlimmes erlebt. Aber was? Unfähig, sich an irgend etwas zu erinnern, wacht sie blutüberströmt in einer schmuddeligen Straße mitten in Berlin auf. Und schon merkt sie, dass sie verfolgt und gejagt wird.
Und dann ist da noch Kommissar Paul Kalkbrenner und seine Kollegin Sera Muth, die in einem ganz anderen Fall ermitteln müssen. Sie werden zu einem Rentner gerufen, der offensichtlich an einem Herzinfarkt gestorben ist. Eigentlich kein Fall für die Mordkommission, wenn da nicht die Leichenteile in der Tiefkühltruhe wären, die ein Sanitäter auf der Suche nach Schmuck dort gefunden hat. „Kannibalismus im Wedding“ – schon ist es in der Presse.
Jeder der drei Erzählstränge, die abenteuerliche Reise von Max und Elli zu ihrem Großvater, Zoes verzweifelte Jagd durch die Stadt und nach ihrer Erinnerung, und die Ermittlungsarbeit Paul Kalkbrenners, der auch privat einiges zu verkraften hat, sind für sich genommen schon interessant. In kurzen Kapiteln tauchen wir gerade eben in die jeweilige Lebenswelt der Protagonisten ein, da werden wir auch schon wieder herausgerissen und in die nächste Szene geführt.
Geschickt verwendet der Autor das Märchenmotiv, wie es im Titel schon angedeutet ist. Besonders in den Szenen um Max und Elli, die wie Hänsel und Gretel durch Berlin irren. Hier gibt es den gutmütigen Riesen und auch eine böse Hexe taucht auf. Aber auch die Hütte im Wald und nicht zuletzt der Menschenfresser erinnern an Märchen.
Wir wissen es natürlich längst. Alle Handlungsebenen treffen sich in der großen Schlussszene, alles hängt mit allem zusammen.
Grandios komponiert, wunderbar erzählt, Gänsehaut und Entsetzen garantiert.
Märchenwald. Thriller / Martin Krist. – Ullstein, 2016. – 416 S. ISBN 9783548287645 9,99€
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